Mein Name ist Michael Doering, ich bin der Initiator des deutsch-englischen Musikernetzwerks ClassicRocks. Unsere Medien zum Thema Englisch lernen mit Musik veröffentliche ich seit 2006 unter dem Pseudonym Mike Wilbury - weil niemand in England meinen Nachnamen aussprechen kann oder will. Gleich vorab: Wir sind keine Pädagogen, weder meine englischen Kollegen noch ich. Wie können wir es uns dann erlauben, hier mit einem pädagogischen Konzept aufzuwarten? Ohne eine entsprechende Ausbildung? Ohne fundierte Studien? Ohne wissenschaftlichen Beirat? Einfach so?
Genau, einfach so. Das erlauben wir uns. Aus der Perspektive normaler Menschen, die jeden Tag mit der Sprache Englisch aber auch mit echten englischen Menschen zu tun haben. Meine englischen Freunde sowieso (wenig überraschend, gibt es doch recht viele Engländer in England), ich persönlich zumindest sehr regelmäßig. Bei unseren Inhalten geht es nicht um die letzten schulpädagogischen Erkenntnisse sondern um den gesunden Menschenverstand. Ich habe als Schüler zunächst selber die Qualen des Vokabellernens und grammatikalische Fallstricke kennengelernt, ich hatte später im deutschen Produktmanagement des renommierten US-amerikanischen Gitarrenherstellers Gibson jeden Tag mit Amerikanern zu tun, stand dann 10 Jahre lang zusammen mit englischen Musikern auf sehr vielen sehr verschiedenen Bühnen in äußerst verschiedenen Ländern und habe nicht zuletzt 2 Töchter, die 30 Jahre nach mir auch noch einmal das nordrhein-westfälische Schulsystem durchlaufen dürfen und mittlerweile in der Mittel- bzw. Oberstufe angelangt sind. Aus all diesen Erfahrungen habe ich meine Schlüsse gezogen und mit Hilfe meiner englischen Kollegen zu Lernmedien zusammengefügt. Dabei stand immer im Vordergrund, was mir damals selbst geholfen hat, die Sprache Englisch für mich zu entdecken: Musik.
Ich kann von mir selber behaupten, dass ich mich zu Beginn sehr schwer getan habe mit Englisch. Vor allem mit der Aussprache. Damals begannen Schüler in der 5. Klasse mit Englisch - das ist eigentlich zu spät und ich bin froh, dass man Kinder heute früher mit Englisch konfrontiert. Die 3 typischen Stolperfallen jedes Deutschen, der Englisch lernt: Die Aussprache des "th" des "r" und "w". Die wenigsten Deutschen sind in der Lage "ring" und "wing" ohne den "typisch" deutschen Akzent auszusprechen, der von Engländern als so brachial empfunden wird (anders als beispielsweise der niederländische Akzent, der von vielen Engländern als "weich" und "sympathisch" wahrgenommen wird.) Ich war nach vergeblichem Bemühen in der 5. und 6. Klasse kurz davor, ebenfalls an diesen Lauten zu scheitern. Was mich damals rettete, war die Musik in Form der Beatles. Die Beatles und ihre wundervollen englischen Texte krachten in mein Leben, ich bekam eine Gitarre, ich lernte die Songs, nicht nur zu spielen sondern auch zu singen - und plötzlich konnte ich "ring" sagen. Und "wing". An diesem Punkt in meinem Leben habe ich zum ersten Mal erlebt, dass Musik beim Englisch lernen hilft. Lange Haare, kurzer Sinn: Ich bin professioneller Gitarrist geworden, habe nebenbei noch ein Wirtschaftsstudium absolviert, um schließlich beim deutschen Vertrieb (damaligem Exklusiv-Importeur) von Gibson Gitarren (z.B. das legendäre Les Paul Modell) zu landen. Dort sah ich mich mit der Situation konfrontiert, mit Amerikanern korrespondieren zu müssen - und zwar geschäftlich, sowohl am Telefon als auch schriftlich (in den späten 90er Jahren lief der größte Teil der geschäftlichen Kommunikation noch über das gute alte Faxgerät). Obwohl ich zu dem Zeitpunkt eigentlich recht gut klar kam mit Englisch und mit dem Leben an sich, kam ich nicht umhin, festzustellen, dass meine Fähigkeiten bezüglich ordnungsgemäßer geschäftlicher Kommunikation auf Englisch doch sehr zu wünschen übrig ließen. Die typischen Floskeln zu Beginn und zum Ende eines Geschäftsbriefes, wichtige Vokabeln wie "Rechnung, Buchhaltung, Steuern, Zoll" u.s.w. waren mir völlig fremd. Ich hatte mich damals schon ein wenig gewundert, wieviele äußerst wichtige Vokabeln ich in meiner Schulzeit trotz eines Englisch LK nicht gelernt habe. Warum eigentlich nicht? Heute sehe ich sehr interessiert meinen Töchtern beim Englischlernen über die Schultern und ich wundere mich erneut, welche Vokabeln sie zu lernen genötigt werden und welche Vokabeln sie eben nicht lernen. In ihrem grünen Englischbuch finde ich tatsächlich solche Schwachsinnsvokabeln wie "abseiling" ("abseilen" zu deutsch, falls es Sie interessiert). In einer umfangreichen Lektion des besagten Lehrbuches geht es um Australien (so weit so gut), incl. australischer Slang- und Insiderausdrücke, die kein Mensch jemals brauchen wird (außer vielleicht im australischen Busch). Eine Kostprobe (Lehrbuch Klasse 9):
platypus - Schnabeltier
to slink away - davonschleichen
to slouch off - davonzockeln (da kennen viele nicht einmal das deutsche Wort!)
slob - Assi
to strut - herumstolzieren
Kennen Sie nicht? Ich auch nicht, warum auch. Müssen Ihre Kinder aber lernen (Gymnasium, Klasse 9). Was sie dafür nicht lernen, sind wichtige Ausdrücke, die man in England jeden Tag brauchen würde (wenn man sie denn wüsste). Wenn man als deutscher Schüler in England hört "I go for a wee" oder "to go to the loo" weiß man wahrscheinlich nicht, was damit gemeint ist, obwohl es sich um ein Grundbedürfnis handelt, dem jeder Mensch vermutlich mehrmals täglich nachgeht. Einer meiner englischen Freunde fragte mich ständig zu allen möglichen Anlässen "what do you reckon?" und ich hatte keine Ahnung, was damit gemeint war. Diese Vokabel kam definitiv nicht vor zu meiner Schulzeit und ich habe sie auch heute noch in keinem englischen Schulbuch finden können, obwohl man den Ausdruck in England ständig benutzt (im Sinne von "was meinst du?")
Auch im Bereich Grammatik muss ich mich als normal denkender Mensch oft wundern, auf welchen sprachlichen Spitzfindigkeiten die Grammatikbücher unserer Kinder herumreiten. Bereits in der 7. Klasse kam meine Tochter mit einer Übung als Hausaufgabe aus ihrem Englischbuch an, weil sie nicht weiterwusste. Nach einem selbstbewussten "zeig mal her" wurde ich schnell kleinlaut, denn es ging um eine wirklich spitzfindige Unterscheidung von Situationen, in denen man eher die continous Form benutzt "standing in the corner he saw that..." und Situationen, in denen die Grundform des Verbes angebrachter ist. Ich war überfordert und schickte die Hausaufgabe per Mail an meinen englischen "musical partner" Ian Watts aus Nottingham. Ian ist kein Holzfäller, sondern er hat eine äußerst fundierte Ausbildung in England genossen und weiß sich überaus gewählt auszudrücken. Er schickte mir seine Lösungen mit der Bemerkung, das sei ja recht komplizierter Stoff. Das Ende vom Lied: es stellte sich am nächsten Tag heraus, dass etwa die Hälfte von Ians Lösungen falsch war. Wohlgemerkt, es handelte sich um die Lösungen eines englischen Muttersprachlers zu Aufgaben aus einem Lehrbuch der 7. Klasse. Bei Ians nächstem Besuch in Deutschland kramte ich die Aufgaben noch einmal hervor und zeigte sie ihm. Er schaute sich das Zeug stirnrunzelnd an und sagte auf meine Frage, was denn nun richtig sei: 'It doesn't matter', you can say it either way. Damit traf er wohl den Kern und er drückte damit aus, was ich seit Jahren empfinde. Anstatt im Englischunterricht zu reden (und zwar englisch!) und die Lernenden an die Sprache und ihren Klang zu gewöhnen (Learning by doing), reitet man im deutschen Schulunterricht auf absoluten Nichtigkeiten herum, die selbst einem Muttersprachler völlig egal sind. Wenn ein derart grammatisiertes Kind (wie meine Tochter) dann aber vor einem echten Engländer steht (wie Ian), dann ist es so erschrocken und traumatisiert von der Vorgabe, grammatikalisch alles richtig machen zu müssen, dass es gar nichts mehr herausbringt. Höchstens ein gequältes "Hello". Dasselbe Kind (die Rede ist immer noch von meinem eigenen Kind) hatte in der Klasse 10 eine Englischlehrerin, die ihren gesamten Englischunterricht auf deutsch abhielt. Englisch lernen auf deutsch. Das wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Es wurde in der gesamten Klasse 10 nicht Englisch gesprochen im Englischunterricht, stattdessen auf deutsch grammatikalische Abstrusitäten durchdekliniert. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es meine Tochter auch beim nächsten Besuch nicht wagte, mit Ian zu sprechen.
Nun gut, höre ich Sie sagen, soll man Schulbücher etwa abschaffen und nur noch singen? Nein, das ist natürlich Quatsch. Kein Mensch lernt eine Sprache ausschließlich durch Musik. Daher wurden unsere Medien nicht konzipiert, um den Schulunterricht zu ersetzen sondern um ihn zu ergänzen, mit den passenden Medien für jede Altersgruppe. Dass man durch Mitsingen und Zuhören die Aussprache einer fremden Sprache lernt, ist eine Binsenweisheit. Doch man lernt auch tatsächlich - Vokabeln! Und zwar mehr, als man zunächst meinen würde. Für die jüngeren Kinder haben wir eine exzessive Sammlung englischer Kinderlieder eingespielt, ingesamt 277 Titel. Aus diesem ungeheuren Pool haben wir eine Auswahl der 35 besten Kinderlieder zum Englisch lernen getroffen und didaktisch aufbereitet, d.h. die Titel auf deutsch übersetzt, den Wortschatz herausgeschrieben und in Vokabelform aufgelistet, Informationen zur Entstehung der einzelnen Lieder zusammengestellt und sprachliche Besonderheiten erklärt. So einfach diese Lieder auch sind, ist es doch erstaunlich, wie schnell man sich damit einen Grundwortschatz erarbeiten kann. Zieht man alle Vokabeln ab, die sich irgendwo wiederholen, kommt man dennoch auf einen Wortschatz von etwa 500 Vokabeln, die man anhand von lediglich 35 Kinderliedern gewissermaßen automatisch lernen kann. Versuchen Sie einmal, 500 Vokabeln auf die herkömmliche Methode zu lernen und Sie werden merken: Das ist eine Menge. Für die Kinder ab dem Grundschulalter haben wir ein englisches Kindermusical herausgegeben, 2 Stunden Audio deutsch-englisch, auch hier haben wir alle deutschen und englischen Texte und Audiodateien ungekürzt ins Netz gestellt: Englisch lernen im Spielzeugland.
Für ältere Kinder, so etwa ab der 5. Klasse haben wir einen weiteren Ansatz verfolgt. Wir haben eine Internetrecherche der 500 häufigsten englischen Wörter durchgeführt, diese meistbenutzten Wörter genommen und zu einer eigenständigen englischen Geschichte zusammengfügt: Die Lerngeschichte Blueland. Die etwa halbstündige Geschichte haben wir von einer englischen Muttersprachlerin lesen lassen und den englischen Text zusammen mit der deutschen Übersetzung online gestellt (im übrigen vollkommen kostenlos). Auch hier haben wir den Wortschatz entsprechend aufbereitet. Jede Vokabel gibt es mit deutscher Übersetzung und einem kurzen englischen Beispielsatz.
Wer den Kinderliedern entwachsen ist und es musikalisch betrachtet etwas weniger seicht mag, landet früher oder später bei der Popmusik. Oder Rockmusik. Oder Rap. Oder Schlager (letzteres klammern wir allerdings aus). Mit Pop, Rock und Rap können wir allerdings dienen. Wir haben einerseits begonnen, nach altbewährtem Muster aktuelle Chartsongs zu untersuchen - englischer Text, deutsche Übersetzung, Vokabeln, sprachliche Betrachtungen, andererseits haben wir das erste englischsprachige Album der jungen Band 3A (Teenage Queen) hochgeladen und konsequent auseinandergenommen. Rein sprachlich betrachtet. Erneut waren wir erstaunt, auf einen Grundwortschatz von etwa 500 Vokabeln zu stoßen.
Für dieselbe Altersgruppe, also Teenager ab der 5. Klasse (keine Altersbeschränkung nach oben!) haben wir Rap, Rock & Learn ins Leben gerufen. Der englische Top-Rapper Duke 01 rappt ein komplettes Grammatikbuch durch. In einer aberwitzigen Geschichte reiht er über 100 unregelmäßige englische Verben aneinander und er rappt sich auch durch alle englischen Präpositionen, die es gibt. Plus englische Idioms und Redensarten. Und die Konjugation von "to be". Und Personal- sowie Possessivpronomen.
Wer mit all dem Rock und Pop überfordert ist und eher nach Besinnung strebt, dem könnte unsere Rubrik English-Irish Folk Songs gefallen. Akustische Versionen von Klassikern wie Scarborough Fair, Wild Rover u.v.m., liebevoll akustisch arrangiert und analysiert von unserer Folk Expertin Gillian Goodman.
Fazit: Musik soll den Englischunterricht nicht ersetzen sondern ergänzen, Lernen soll Spaß machen, Musik muss laut sein.
Abschließend noch ein Wort zu unserer Zusammenarbeit mit der Infos24 GmbH. Wir trafen vor einigen Jahren mit Andrés Ehmann einen im positiven Sinne Sprachverrückten, der mit seinen Lernportalen gleich eine ganze Sammlung von Sprachen abdeckt. Er sprach mich an, weil er fasziniert war von der Qualität aber auch Quantität unserer Inhalte. Da es uns als Urhebern unserer eigenen Musik gestattet ist, diese ohne juristischen Ärger online zu präsentieren, er den Besuchern seiner Online Lehrbücher aber auch hochwertige (musikalische) Inhalte bieten wollte, übernahm Andrés die Initiative, übersetzte unsere ersten 140 englischen Kinderlieder gleich mal auf deutsch, spanisch, französisch und italienisch und schrieb (in seiner Eigenschaft als Sprachwissenschaftler und Historiker) gleich noch einige Abhandlungen zu den historischen Hintergründen der bekanntesten englischen Kinderliedern. Überwältigt von soviel Entschlossenheit stimmte ich zu, unser Material in der jetzigen Form online zu präsentieren. Seine Arbeit stellt somit die Grundlage unseres Portals dar, an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank dafür.